Die Nordischen Filmtage Lübeck, eines der traditionsreichsten Filmfestivals Deutschlands mit besonderem Schwerpunkt auf aktuellem Filmschaffen aus dem Norden und Nordosten Europas, laden vom 29. Oktober bis zum 3. November zum 61. Mal zu einem Filmfest der Extraklasse. 196 Filme in 283 Screenings auf 12 Kinoleinwänden mit Themen rund um den europäischen Norden, seine Menschen, Hoffnungen und Träume, seinen rauen sowie weichen Landschaften warten darauf, entdeckt zu werden. Gezeigt werden Filme aus den fünf nordischen Nationen sowie Estland, Lettland und Litauen. Vom Spielfilm bis zum Serienhighlight, von Dokumentationen bis zu Kinder- und Jugendfilmen, innovativen 360°-Produktionen, einer Retrospektive und der norddeutschen Reihe »Filmforum« ist in neun Sektionen für jeden Geschmack und jedes Alter etwas dabei. Des Weiteren gibt es ein umfangreiches Begleitprogramm mit Stummfilmkonzerten, Lesungen, Workshops und vielem mehr.
Ausgezeichnete Filme im SPIELFILM WETTBEWERB: Große Namen und prämierte Filme werden in Lübeck zu sehen sein: das schwedische Regie-Duo Måns Mårlind und Björn Stein, Macher der vielfach prämierten Serie »Die Brücke«, werden mit ihrer bild- und farbgewaltigen Liebesgeschichte »Feuer und Flamme« (Engl. Swoon) in einer Deutschlandpremiere das Festival eröffnen. Vor dem deutschen Kinostart am 21.11.19 zeigen die Filmtage die Romanverfilmung »Pferde stehlen« von Hans Petter Moland. Darin erinnert sich Trond, gespielt von Hollywood-Größe Stellan Skårsgard an den Sommer 1948, den er als 15-Jähriger in den norwegischen Wäldern erlebte und dabei auch das wohlgehütete Geheimnis seines Vaters lüftete. Zu Hlynur Pálmasons »Weißer weißer Tag« kommt der international bekannte Hauptdarsteller Ingvar E. Sigurðsson (»Phantastische Tierwesen«) nach Lübeck. Der Tausendsassa, der in gleich drei Produktionen zu sehen ist, spielt hierin einen Polizeichef außer Dienst, der davon besessen ist, den Mann zu finden, von dem er glaubt, dass er ein Verhältnis mit seiner verstorbenen Frau hatte. Zusätzlich dazu sorgt Roy Andersson mit seinem Film »Über die Unendlichkeit« für einen besonderen Hingucker, er bekam dafür auch beim Filmfestival in Venedig 2019 den Regie-Preis.

© Roy Andersson Film Produktion
Die diesjährigen DOKUMENTATIONEN zeigen unterschiedlichste Facetten des Politischen. In »Cold Case Hammarskjöld« geht der dänische Regisseur und Investigativjournalist Mads Brügger der Frage nach den Hintergründen des Todes des UN-Generalsekretärs Dag Hammarskjöld auf den Grund. »Klein Moskau« erzählt in einer Deutschlandpremiere die Geschichte einer Kleinstadt an der Ostküste Islands, in der 50 Jahre lang die Sozialisten regierten. Und in »Schule der Revolte« wird die Gründung des für seine Zeit sehr fortschrittlichen Forsøksgymnaset in Dänemark in einer Deutschlandpremiere nacherzählt. Regisseurin Elsa Kvamme war selbst Schülerin dort und bietet einen faszinierenden Einblick. In »Q’s Barbershop« wird ein Herrenfriseur im dänischen Odense eine Art Heimathafen für afrikanische Migranten, die neben Afros und Cornrows auch über aktuelle Sorgen berichten.
SERIEN – Agenten, Ermittler und Filmoptik im Zeitenwandel: Neue Nordic Noir Produktionen sind auch in diesem Jahr wieder vertreten. »Kommissar Wisting – Eisige Schatten«, prominent besetzt mit Sven Nordin und Carrie-Anne Moss (Matrix Trilogie), zeigt den erfahrenen Ermittler Wisting, dessen Welt sich auf den Kopf stellt, als das FBI in Norwegen mit dem Auftrag auftaucht, einen Serienmörder festzusetzen. Die deutsche Erstausstrahlung ist für Ende 2019/Anfang 2020 in der ARD geplant. Das komplette Gegenteil von Wisting ist »Magnus«, ebenfalls Ermittler in der gleichnamigen Serie. Das »idiotic Genius« ist vor allem dafür bekannt, im Weg zu stehen, blöde Fragen zu stellen oder durch sein Ungeschick entscheidende Beweise zu vernichten. Gleichzeitig haben auch noch jede Menge Trolle und übernatürliche Kräfte ihre Finger im Spiel. Ein aktuelles Thema, angesiedelt in den 1950er-Jahren in Dänemark, behandelt die Serie »Schwesternschule«: Sie zeigt ein Krankenhaus, das sich aufgrund des Fachkräftemangels dazu durchringt, auch männliche Pfleger einzustellen. Das sorgt für manche Aufregung bei den Krankenschwestern.

© Henrik Petit
Insgesamt 17 Produktionen, die sich von 1913 bis 2012 erstrecken, sind in der diesjährigen RETROSPEKTIVE zu bewundern. Die Filme »S1« und »Fürs Vaterland« aus Dänemark und Schweden, beide mit Asta Nielsen, zeigen die »Spionitis« des ersten Weltkriegs. Die Filme aus der jüngeren Vergangenheit bereichern die Retrospektive vor allem durch aktuelle Ansätze zum Thema. So spiegeln die norwegischen Spionage-Komödien »Douglas« und »Gegenvorstellung« (1970/1972) die Entspannungspolitik der 1970er-Jahre wider. In den Filmen »Das weiße Schiff« (EST 1970) und »Die Kinder vom Hotel Amerika« (LIT 1990) aus Estland und Litauen spielt der umtriebige damalige sowjetische Geheimdienst KGB eine große Rolle.

Das Stummfilmdrama erzählt die Geschichte von Gertrud, die zwischen Vaterlandsliebe und der Treue zu ihrem Geliebten, einem Spion, schwankend, sich schließlich gegen den Verrat und damit auch gegen die Liebe entscheidet.
© DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseum
Bei den SPECIALS liegt in diesem Jahr ein Schwerpunkt auf Filmen, die sich dem Thema Natur widmen. Exemplarisch hierfür stehen »Aquarela«, »Natursinfonie« und »Auf Wiedersehen, Eisbär«, welche traumhafte Naturaufnahmen mit eingängigen Soundtracks kombinieren, aber sich gleichzeitig auch gegen Ressourcenverschwendung und Umweltverschmutzung einsetzen.

© Norwegian Film Institute
Das Kinder- und Jugendfilmprogramm setzt ernste Stoffe innovativ und unterhaltsam um: 18 Lang- und 19 Kurzfilme behandeln verschiedene Themen rund um das Erwachsenwerden. Der finnische Film »Stupid Young Heart«, Oscarkandidat des Landes für 2020, erzählt die Geschichte vom 15-jährigen Lenni, dessen Freundin ein Kind erwartet, was den unsicheren Jungen dazu veranlasst, einer rechten Kampfsportgruppe beizutreten. Politisch wird es auch im Film »Ins Land der Träume«.So empfindet die 17-jährige Roma Sabina bisher nicht für ihr Gastland Schweden. Gemeinsam mit ihrer schwedischen Freundin Elin geht sie gegen alles vor, was beide nervt. Im dänischen Kinderfilm »Gooseboy« verliert der junge Game-Nerd Viggo über seine Computerleidenschaft die reale Welt aus den Augen. Als er einen abgestürzten sprechenden Gänserich findet, der flugunfähig ist, machen sich die zwei gemeinsam auf den Weg, dessen Familie zu finden. Eine moderne Nils-Holgersson-Geschichte.
Auch das FILMFORUM ist mit 44 Lang- und Kurzfilmen prall gefüllt. In »Pelikanblut« spielt die mehrfach ausgezeichnete Nina Hoss eine Mutter, die im Kampf um ihre emotional verletzte Tochter eine extreme Entscheidung treffen muss. »Fortschritt im Tal der Ahnungslosen« nimmt das Thema der Heimatlosigkeit auf und zeigt, wie sich ehemalige DDR-Fabrikarbeiter mit syrischen Flüchtlingen treffen und um ihre verlorene Heimat trauern. Und die einfühlsame Literaturverfilmung »Romys Salon« erzählt die Geschichte der 10-jährigen Romy, deren Großmutter zunehmend ihr Gedächtnis verliert. Vier Kurzfilmprogramme runden die Filmforumsauswahl ab.

© DCM
Die KURZFILMPROGRAMME mit nordischen Filmen zeigen über 20 Filme mit skurril-witzigen Geschichten. »Zwei Körper am Strand« aus Finnland ist eine Mischung aus Gender-Drama und Science-Fiction-Saga an ständig wechselnden Orten. »To Plant A Flag« zeigt einen isländischen Bauern, der mit den NASA-Übungen in der felsigen Landschaft Islands unweit von seinem Bauernhof überhaupt nicht einverstanden ist. Und ein tolles Gedankenexperiment gibt es in »Kuckuck!« zu sehen, wo der Kuckuck in der Uhr durch einen Menschen ersetzt wird.
Im neuen größeren mobilen FULLDOME KINO für die 360°-Filme ist das Hauptthema in diesem Jahr »Wasser« und der verantwortungsvolle Umgang damit. In Filmen wie »Kaluoka’Hina – Das Zauberriff«, »The Embrace of the Ocean« und »Waterstories 360°« wird das Element in seinen schönsten Farben und Schattierungen zu sehen sein.
Infos zu allen Filmen gibt es unter www.nordische-filmtage.de. Der Kartenvorverkauf startet am 26. Oktober ab 15 Uhr. Weitere Infos, Updates, und Veranstaltungstipps auf Facebook, Twitter und Instagram/nordicfilmdays.
Text: Nordische Filmtage Lübeck
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