Schweden Zugreisen

In einer Nacht nach Stockholm – und in einer weiteren bis ins schwedische Fjäll

Mit dem Nachtzug „Snälltåget“ bequem und entspannt in den Norden

Es herrscht reger Trubel am Berliner Hauptbahnhof. Lautsprecher tönen durcheinander, Menschen eilen zu ihren Zügen. Bei all dem Lärm sehnen wir uns nochmal mehr an unseren Zielort. Es soll über Stockholm nach Åre im schwedischen Fjäll gehen. Da fährt auch schon der „nette Zug“, wie der „Snälltåget“ übersetzt heißt, ein, weiße Waggons, auf denen in bunten Buchstaben die Ziele aufgemalt sind. Wir steigen ein, suchen unser Abteil und sind gespannt auf die nächtliche Fahrt nach Stockholm.

Wie oft sind wir schon mit dem Auto in Stockholm gewesen. Tausende Kilometer saßen wir hinterm Steuer und in Stockholm wussten wir nicht so recht, wohin mit dem Auto. Schließlich kommt man in der schwedischen Hauptstadt mit den Öffis, zu Fuß oder einem geliehenen E-Scooter viel schneller und entspannter voran als mit dem Pkw. Klar, es gibt Regionen im ländlichen Schweden, da ist man mit dem Auto im Vorteil. Wer aber Stockholm einen Besuch abstatten möchte, der fährt lieber Zug. Und auch Åre, unser zweites Ziel, ist eine perfekte Destination für eine Zugreise, denn der Bahnhof liegt mitten in dem kleinen Ski-, Wander- und Mountainbikeort und auch die Lifte sind fußläufig erreichbar, sodass man hier problemlos auf den eigenen Pkw verzichten kann.

Tief schlafen in schmalen Betten?

Langsam rollen wir aus dem Berliner Hauptbahnhof heraus. Zwei Schweden, die, wie sie erzählen, das nächtliche Berlin feiernd erleben wollten, teilen sich mit uns das Abteil. Ihre Augenringe verraten, dass sie in den letzten Tagen viel gefeiert und wenig geschlafen haben. Wir werden nicht viel von ihnen mitbekommen, da sie sich rasch in ihre Betten verziehen und sofort einschlafen. Eng ist es durchaus zu viert in einem solchen Abteil – zumindest so lange, bis man sich halbwegs organisiert, die Taschen sinnvoll verräumt und die Betten umgeklappt hat. Auch das Bad ist auf originelle Weise winzig. Ich lasse lieber die Türe auf, während ich Zähne putze. Komfortabel ist das nicht unbedingt, aber gerade solche Dinge machen die Fahrt mit dem Nachtzug spannend und ein wenig zu einem Abenteuer. Auch die schmalen Betten tragen zum Abenteuergefühl bei. Fällt man hier nicht raus, wenn der Zug bremst? (Tut man nicht.) Kann man hier wirklich schlafen, wenn es ständig ruckelt und wackelt? (In meinem Fall: Das Einschlafen ist schwierig, aber irgendwann schlafe ich wie ein Stein – die beiden Schweden sowieso.) Den Zwischenhalt in Hamburg bekomme ich jedenfalls nicht mehr mit.

Eng aber gemütlich
©Snälltåget

Im Bett liegend über die Öresundbrücke – einmalig!

Am nächsten Morgen weckt mich mein Wecker. Ohne ihn hätte ich noch problemlos weitergeschlafen, aber dann hätte ich ein Highlight verschlafen: die Fahrt über die Öresundbrücke. Noch sind wir in Dänemark; es ist früh am Morgen, dennoch scheint die Sonne schon kräftig von einem blauen Himmel. Ein herrlicher Moment, einfach im Bett liegen zu bleiben, draußen die dänische Landschaft vorbeisausen zu sehen. Irgendwann verschwinden dann Häuser, Bäume, Wiesen und weichen zunächst dem Schwarz eines Tunnels, dann dem Blau des Meeres. Der „Snälltåget“ fährt auf die Brücke, die Dänemark und Schweden verbindet, unter uns glitzert das leicht gekräuselte Meer in der Morgensonne, ein paar Segelboote sind schon unterwegs, der Horizont ist unendlich. Und wir liegen in den Betten und betrachten diese herrliche Szenerie ganz entspannt.

Krogen – das Bordrestaurant
©Snälltåget

Wenig später haben wir Malmö erreicht, wo ein paar Schlafwagen abgekoppelt und andere Waggons, zum Beispiel der Speisewagen „Krogen“ hinzugefügt werden. Fortan fahren wir fünf Stunden lang durch Skåne, später durch Småland, wo tiefe Wälder und unzählige Seen an unserem Fenster vorbeiziehen. Wir lümmeln entspannt in unseren Sitzen, trinken Kaffee, lesen. Im „Krogen“ nehmen wir ein frühes Mittagessen zu uns, das uns überrascht: Preislich ist es gar nicht so teuer und geschmacklich wirklich gut. Keine Selbstverständlichkeit in einem Bordrestaurant.

Stockholm bietet unglaublich viel – Schärenfeeling, Cafés, Kultur

Kurz nach Mittag haben wir dann unser erstes Ziel erreicht. Gestärkt und tiefenentspannt steigen wir in Stockholm aus dem Zug. Zwei Tage haben wir nun Zeit, um Stockholm zu entdecken. Wir fahren natürlich mit dem Boot hinaus auf die Schären, futtern uns durch diverse Cafés, statten dem sehr empfehlenswerten Fotomuseum Fotografiska einen Besuch ab, bummeln durch das trendige SoFo auf Södermalm. Eigentlich genügen zwei Tage nicht für Stockholm, aber wir haben noch ein zweites Ziel, wir wollen in die Berge.

Stockholm
©Johannes Möhler

Also stehen wir bald wieder am Stockholmer Bahnhof Centralstationen und steigen erneut in den „Snälltåget“ ein. Es ist kurz vor 23 Uhr, der schwedische Sommer dämmert allmählich einer kurzen Nacht entgegen. Der „nette Zug“ holt uns ab und wenig später rollen wir nordwärts. Diesmal haben wir ein Abteil ganz für uns. Wir betrachten noch ein wenig die in der Dämmerung verschwindende Landschaft, bis Uppsala ist sie stark von Landwirtschaft geprägt, nördlich davon fahren wir durch endlosen Wald. Von dem bekommen wir aber nicht viel mit, denn wir schlafen schon längst tief und fest.

Skifahren, Mountainbiken, Wandern im schwedischen Fjäll – mit dem Zug bequem erreichbar

Nach Åre fährt der „Snälltåget“ im Sommer und frühen Herbst (Mitte Juni bis Ende September). Hier sind es vor allem Wanderer und Mountainbiker, die den Zug füllen. Im Winter und dem schwedischen Vårvinter, dem Frühlingswinter, zwischen Mitte Dezember und Ende April zieht es Wintersportler mit dem Zug Richtung Åre.

Fjäll
©Destination Vemdalen

Nach einer Nacht, in der wir tief und fest geschlafen haben, lassen wir uns vom Wecker um 6 Uhr aus den Träumen reißen. Draußen scheint schon längst die Sonne über weite Wälder. Hier und da öffnet sich die Landschaft und ein See zeigt sich. Nach einem Zwischenhalt in Östersund fahren wir nun in die Berge. Im Restaurantwagen „Krogen“ nehmen wir das vorbestellte Frühstück ein, wir reden nur wenig, weil unsere Blicke ständig nach draußen gehen. Unten im Tal der Indalsälven, dahinter erhebt sich das Fjäll. Wenig später sind wir schon in Åre.

Im höchstgelegenen Café Schwedens

Åre ist eigentlich ein großes Wintersportzentrum. Seit ein paar Jahren hat sich der kleine Ort in Jämtland aber auch einen Namen als Mountainbike-Eldorado gemacht. Die Lifte, die im Winter Ski- und Snowboardfahrer transportieren, nehmen nun im Sommer Wanderer und Mountainbiker mitsamt ihren Rädern nach oben. Wir nutzen den ersten Tag zum Downhill, kaufen uns eine Tageskarte für die Lifte und fahren den ganzen Tag, bis wir abends verschmutzt und verschwitzt, aber sehr glücklich ins Hotel stolpern. Am nächsten Tag fahren wir ein Stück weit mit der Gondelbahn nach oben und wandern den Rest bis auf die Spitze des Åreskutan. Dort ganz oben befindet sich das höchstgelegene Café Schwedens. Es ist winzig klein und urgemütlich. Wir sitzen draußen, genießen die fantastische Aussicht. Selten haben Waffeln besser geschmeckt als hier.

Allzu lange können wir den Moment aber nicht genießen, denn unser Zug fährt bald schon wieder. Der „Snälltåget“ nach Åre fährt im Sommer von Stockholm nur mittwochs und samstags und in die Gegenrichtung donnerstags und sonntags. Wir haben uns für einen Kurztrip entschieden, bleiben nur eine Nacht. Um 16.40 Uhr sitzen wir wieder im Zug. Dieses Mal ist es kein Schlafabteil, das wir gebucht haben, denn in Stockholm sind wir noch vor Mitternacht. Man könnte allerdings auch bis Malmö weiterfahren. Dann wäre man am nächsten Morgen um kurz nach 7 Uhr dort.

Snälltåget in Malmö
©Johannes Möhler

So oder so – mit dem „Snälltåget“ nach Stockholm und Åre, das bedeutet eine entspannte Reise. Gerade wenn man nicht allzu viel Zeit hat und sich daher eine lange Autofahrt wahrlich nicht lohnt, ist der Zug nicht nur eine gute Alternative, sondern die bessere Wahl. Und „nett“ ist der Zug zudem.


Infokasten:

Von Berlin nach Stockholm mit dem „Snälltåget“, täglich außer Samstag, Abfahrt in Berlin 21:10 Uhr. Die Preise variieren in Abhängigkeit von der Nachfrage; mit Bett in einer Mehrbettkabine meist etwa 1500 schwedische Kronen.

Von Stockholm nach Åre von Dezember bis April und von Juni bis September Mittwoch und Samstag, zurück Donnerstag und Sonntag. Preise ab 199 SEK im Sitzwagen, 749 SEK Aufpreis für Bett in einer Mehrbettkabine.

Alle Verbindungen und Preise auf snalltaget.se


Text: Johannes Möhler

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