Dänische Regierung vereinheitlicht rigoros den Ferienhausbau im Land. Funktionales Design soll falsche Hygge ersetzen
Mit einem Paukenschlag eröffnete Dänemarks neue Regierungschefin Frederike Mettesen die diesjährige Reisemesse in Kolding auf dem Gelände der Messehallen Trapholt. Durch eine verbindliche Änderung der nationalen Bauverordnung für Freizeitobjekte hat die gerade erst gewählte, populistische Regierung den freien, durch Architekten geplanten Bau von Ferienhäusern mit sofortiger Wirkung untersagt und erlaubt landesweit nur noch eine einheitliche Ferienhausbebauung mit einem Modulhaus von 55 bis maximal 77 Quadratmeter Wohnfläche.
Vor allem der Zentralverband der Ferienhausvermittler zeigt sich in ersten Reaktionen entsetzt: „Dieses Modulhaus, das schon in den 1970 entworfen wurde und sich damals auch nicht durchsetzen konnte, wird Dänemark in eine touristische Steinzeit zurück katapultieren. Wir werden auf längere Sicht all unsere ausländischen Gäste verlieren, allen voran die Deutschen, die unsere individuellen und hyggeligen Sommerhäuser mit viel Komfort und Hygge-Schnickschnack lieben“ erklärte Mads Zimmermann vom Dansk Sommerhus Udlejningsråd. „Und die Art, diesen Wahnsinn durch eine Bauverordnung zum Gesetz zu machen, um damit einen regulären Gesetzentwurf und eine Parlamentsentscheidung zu umgehen, kommt doch fast einem Staatsstreich gleich,“ wetterte Zimmermann weiter.
Premierministerin Mettesen verteidigte ihre Entscheidung: „Wir müssen in diesen schweren Zeiten nachhaltig und effizient bauen. Das Modulhaus erfüllt alle Basic-Bedürfnisse für Urlauber. Je ein Eltern- und ein Kinderschlafzimmermodul kombiniert mit je einem Bad-, einem Küchen- und einem Wohnzimmermodul von jeweils 11 Quadratmeter Fläche reichen völlig aus. Für kinderreiche Familie können je ein weiteres Kinderschlafzimmermodul pro zwei Kinder und dann auch ein weiteres Wohnzimmermodul ergänzt werden, eventuell sogar gegen Aufpreis das Premium-Hygge-Modul mit Kaminofen. Das Modulhaus spart Ressourcen, verhindert Neiddebatten in der Gesellschaft und bringt uns die dänischen Werte sozialer Gleichheit zurück. Sauna, Swimming- und Whirlpool braucht kein Däne, das sind nur Energiefresser und wir haben doch genug Sonne, Dünen und Meer!“
Die Entscheidung, beim Typensommerhaus des Jahres 2022 auf das legendäre Modul-Sommerhaus des Stardesigners und -architekten Arne Jacobsen aus den frühen 1970er Jahren zurück zu greifen, begründete Mettesen mit der hohen Bedeutung des Dansk Design als Exportschlager für ihr Land. „Dansk Design und Arne Jacobsen sind zwei Begriffe, die Menschen in aller Welt mit Dänemark verbinden und auf die alle Dänen stolz sind. Sie stehen für die wahre, bescheidene Hygge, die uns Dänen eigen ist und die von einfachen, aber funktionalen Dingen geprägt ist, nicht von der Versandhaus-Hygge, zu der man unseren Glücksbooster im Ausland gemacht hat. Das Modulhaus hat sich bewährt, ist preiswert und nachhaltig herzustellen, ist äußerst energieeffizient – es ist eben ein Klassiker und wir können uns das wild wuchernde Unwesen der Luxushäuser nicht mehr leisten,“ ergänzte die Regierungschefin auf der Messe in Kolding. Das Modulhaus gibt es in fünf Pastelltönen, in Kolding war ein lindgrünes Modell ausgestellt und kostet mit Standardausstattung für 4 Personen umgerechnet etwa 125.000 Euro und damit nur etwa ein Achtel üblicher Ferienhäuser. Spätestens 2027 soll die Mehrheit der vermietbaren Sommerhäuser Modulhäuser sein.
Text & Bilder: © Hans Klüchle
Achtung: Dieser Artikel wurde am 1.4.2022 veröffentlicht 🙂
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