Dänemark Entdeckungen

Bovbjerg Fyr – ein Leuchtturm wie kein anderer

Schon weithin sichtbar trotzt der Bovbjerg Fyr am Rande der Steilküste der rauen Nordsee – und das, obwohl der Leuchtturm mit seinen nur 26 m Höhe eher zu den niedrigeren Türmen Dänemarks zählt.

Das, was die Aufmerksamkeit auf ihn zieht, ist seine markante rote Farbe – und genau dies hatten die Erbauer 1877 auch im Sinn. Der Leuchtturm sollte sich deutlich von den beiden nahegelegenen, weißen Kirchtürmen von Trans und Ferring, die bisher als Seezeichen dienten, absetzen. Aufgrund seiner Position auf der Steilküste hat der relativ niedrige Bovbjerg Fyr immerhin eine Leuchtfeuerhöhe von 62 m und mit der 3.000-W-Halogenlampe und einer original Fresnel-Linse ist er bei klarer Sicht 16 Seemeilen weit zu sehen.

Blick in Richtung Ferring ©SFuhrken

Der Bovbjerg Fyr war einer der ersten Leuchttürme zwischen Sylt und Hanstholm. Auf dem Leuchtturm gab es drei Angestellte: den Leuchtturmwärter sowie zwei Assistenten. Allesamt lebten sie mit ihren Familien in den Häusern, die noch heute jedes auf einer Seite des Hofplatzes am Leuchtturm liegen. Ein Leuchtturmwärter war Bediensteter des Staates und eine angesehene Persönlichkeit einer Gemeinde. Der zweite Assistent konnte zum ersten und sogar zum Leuchtturmwärter aufsteigen – aber nur, wenn er seinen Job auch gut machte. Da Leuchttürme häufig etwas abseits und außerhalb der Dörfer lagen, bildeten diese Familien, die hier auf engstem Raum zusammen lebten, echte Zweckgemeinschaften. Und wie man aus vielen Erzählungen und Geschichten weiß, ging das bei weitem nicht immer gut.

Fresnel Linse Bovbjerg-Fyr ©SFuhrken

Kultur, Eine Dänische Krone und Freiwillige

1965 wurde Bovbjerg Fyr automatisiert, und 2003 verließ der letzte Leuchtturmwärter seinen Arbeitsplatz. Der Turm stand zum Verkauf, und in der Region mehrte sich die Sorge, der Bovbjerg Fyr könne womöglich privat verkauft und dann für die Öffentlichkeit unzugänglich werden. Also gründeten einige Wildentschlossene einen Verein mit dem Ziel der Erhaltung des Turms und setzten sich für die Etablierung eines Kulturbetriebs mit Ausstellungen und Veranstaltungen in den Gebäuden des Leuchtturms ein. Drei Jahre lang leisteten sie Überzeugungsarbeit bei der Kommune Lemvig, die den Bovbjerg Fyr schließlich 2006 erwarb und im darauffolgenden Jahr an die inzwischen gegründete Stiftung Bovbjerg Fyr für eine dänische Krone verkaufte.

Bovbjerg-Fyr ©SFuhrken

Nach umfassenden Renovierungsarbeiten wurde der Leuchtturm im Sommer 2014 wiedereröffnet. Seitdem finden hier zahlreiche Veranstaltungen und Kunstausstellungen statt, ein kleines Café sorgt für das leibliche Wohl und setzt dabei voll auf regionale, ökologische Waren. Mittlerweile arbeiten 160 Freiwillige für die Stiftung – sie erhalten unter anderem den Betrieb des ganzjährig geöffneten Cafés aufrecht. Hier kann man auch Produkte aus der Region kaufen: selbstgemachte Marmeladen, Sirup, Fotopostkarten oder auch kleinere Gegenstände aus der nicht weit entfernten Hornwarenfabrik in Bøvlingbjerg.

Sortiment im Café ©SFuhrken

Käse, Kuchen und Kunst

Bei einem Besuch sollte man auf jeden Fall den ganz in der Nähe gelagerten, berühmten Vesterhavsost der Thiese Mejeri probieren. Der Käse hat den Geschmack der salzigen Luft angenommen und ist für Käseliebhaber ein Muss! Überhaupt ist ein Besuch im Café des Leuchtturms sehr empfehlenswert – und das nicht nur im Sommer, wenn man im Schatten der wenigen Bäume, die im Garten des Leuchtturms stehen, erleben kann, was man in Dänemark mit SLAP AF! – Entspann dich! – meint. Und auch einem ausgewachsenen, dänischen Kuchenbüfett kann man hier beiwohnen. Aber, Vorsicht! Für zu viel aufgenommene Kalorien wird keine Haftung übernommen!

Hier lässt es sich entspannen Terrasse Bovbjerg-Fyr ©SFuhrke

In der Nebensaison, womöglich sogar bei ungemütlichem Wetter, lohnt sich ein Besuch aber auch. Der Brunch, der anlässlich einer jeden Vernissage stattfindet, ist ein echtes Highlight und in dieser Form nur hier zu finden. Glaube ich jedenfalls! Es gibt nicht so viele Plätze im Café, außerdem sind die Ausstellungseröffnungen äußerst beliebt: Es empfiehlt sich also, im Vorwege zu reservieren. Wer das getan hat, den erwarten als Stärkung vor der Kunst Getreidebrei mit Obst, Rührei, verschiedene Wurstsorten und Würstchen, der berühmte Nordseekäse, Joghurt, Obst, eine große Auswahl an Brotsorten und Brötchen sowie Kaffee und Tee ad libitum.

Brunchteller Bovbjerg-Fyr ©SFuhrken

Treppen, Wagemut und ein »Graffiti«-Dichter

93 Stufen Bovbjerg Fyr ©SFuhrken

Auf gar keinen Fall versäumen sollte man, die 93 Stufen plus kleiner Wendeltreppe zur Aussichtsplattform des Leuchtturms emporzusteigen. Von hier aus bietet sich ein fantastischer Ausblick über Steilküste, Nordsee und die von der Eiszeit geprägte Küstenlandschaft. Auch die beiden Kirchtürme, gegen die sich der Bovbjerg Fyr absetzen sollte, kann man von hier aus bestens begutachten. Vom Leuchtturm aus kann man ebenfalls den Rad- und Wanderweg bestens überblicken, der direkt auf der Steilküste entlangführt und Teil der Vestkystrute von Rudbøl nach Skagen ist.

Eisenwendeltreppe zur Aussichtsplattform Bovbjerg-Fyr ©SFuhrken

In der Hochsaison gibt es die Möglichkeit, sich unter fachkundiger Anleitung sowohl von der Steilküste als auch vom Leuchtturm selbst abzuseilen. Allerdings sollte man sich – möchte man das einmal wagen – vorher anmelden. Wem das zu waghalsig ist, der kann natürlich die Treppe nehmen. Direkt am Leuchtturm führt eine Holztreppe an den Strand.

Treppe zum Strand am Bovbjerg-Fyr ©SFuhrken

Direkt vor dem Bovbjerg Fyr befindet sich ein Gedenkstein, der sogenannte Kongesten. Er erinnert an die Besuche des Königs Frederik VI. Nach dem Durchbruch der Aggertange im Februar 1825 wollte der König sich in den darauffolgenden Jahren von den Auswirkungen der Naturkatastrophe an der Westküste selbst ein Bild machen. Und auch der berühmte Märchendichter HC Andersen besuchte diesen Ort. In seinem Tagebuch vermerkt er, sich auf dem Gedenkstein verewigt zu haben – danach darf man gerne suchen. Nur nachmachen, das darf man nicht…

Schlagwörter

Über den Autor

KAPIDAENIN

Schon seit ihrer Kindheit liebt Sibille den Norden und vor allem Dänemark. Nach einem Skandinavistikstudium (M.A.) arbeitete Sibille einige Zeit im Tourismusbereich in Dänemark. Zurück in Schleswig-Holstein betreute und leitete Sibille europäische Mobilitätsprojekte und Projekte mit Fokus auf den skandinavischen Arbeitsmarkt. Seit 2016 schreibt sie den Dänemark-Blog KAPIDAENIN und arbeitet als freie Übersetzerin.
Neben Dänemark haben es Sibille vor allem Finnland und Island angetan.

1 Kommentar

Klick hier um zu kommentieren