Entdeckungen Finnland

Kunst aus Schnee und Eis – Das SnowVillage Kittilä

An der Kreuzung geht es nur noch nach links. Rechts steht Polizei und sperrt die Straße ab. Es schneit – und zwar heftig. Mit dem Kleinbus sind wir unterwegs ins SnowVillage im Norden Finnlands.

Tourguide und Fahrerin Reina ist guter Dinge – ihr scheint der Schneesturm nichts auszumachen, unbeirrt kämpft sie den Kleinbus durch das funkelnde Weiß.

Hier in Lappland, knapp 30 Kilometer südwestlich von Kittilä, ticken die Uhren anders. Manchmal denke ich sogar, es tickt überhaupt keine Uhr. Wie spät es ist, ist unwichtig, wenn es erst um 10 Uhr hell und um 15 Uhr schon wieder dunkel ist. Das ist – zumindest im Urlaub – unglaublich entspannend. Und so ist es eben jetzt auch – im Schnee kommen wir so schnell voran wie wir vorankommen. Punkt. Und ein bisschen Abenteuer ist es allemal.

Einzigartig und nur für kurze Zeit – die Zimmer im SnowVillage
Auch Musik gibt es – aus eisigen lautsprechern

10 Grad minus – viel zu warm für diese Jahreszeit

Angekommen beim SnowVillage erzählt uns Reina , dass es in den letzten Wochen schon viel zu warm gewesen sei, Temperaturen um die Null Grad seien für diese Jahreszeit völlig untypisch – normalerweise sind minus 30 Grad Usus. Dass es sich jetzt um die minus 10 Grad bewegt sei zwar immer noch zu warm, aber auf jeden Fall schon mal besser. Außerdem sei diese „Wärme“ auch sehr schlecht für das SnowVillage – was sie damit meint, will sie uns zeigen.

Das SnowVillage ist Ephemeral Art – vergängliche Kunst –  in Reinkultur. Jedes Jahr wird diese Winterwunderwelt aus rund 20 Millionen Kilogramm Schnee und 350000 Kilo kristallklarem Eis erschaffen. Und jedes Jahr verschwindet es auch wieder – mit steigenden Temperaturen sackt es in sich zusammen, es schmilzt und tropft und verflüssigt sich.

Und jedes Jahr ist es anders – in Größe, Form und im Design, denn jedes Jahr untersteht einem bestimmt Motto – jedenfalls fast jedes. War es in den letzten beiden Jahres Game of Thrones, ist es in diesem Jahr Arctic Illusions.

Kapelle des SnowVillage
In der Kapelle des SnowVillage

Unterkühlte Hochzeiten und Hochprozentiges

Diese einzigartige Welt aus Eis und Schnee ist wirklich faszinierend. Neben einem Restaurant und einer Bar  – beides aus Eis versteht sich, gibt es auch 16 Zimmer, jedes einzigartig und bis auf die Matratze komplett aus Eis – denn übernachten kann man hier auch. Eine Eiskapelle gibt es ebenfalls, möchte man etwas unterkühlt heiraten, kann man auch das hier tun. Hoffentlich aber nur im wörtlichen Sinne.

An der Bar gibt es Hochprozentiges aus Eisgläsern. Am besten mit Handschuhen festhalten und dann schnell trinken, mahnt uns der Barkeeper – aber so beeilen muss man sich gar nicht – und schmecken tut es auch noch köstlich. Bevor wir die Kapelle betreten, macht Reina uns auf die Folgen der ungewöhnlich hohen Temperaturen Anfang des Jahres aufmerksam: Nicht alles ist nämlich mehr perspektivisch perfekt, so dass so manche Artic Illusion bereits nicht mehr funktioniert.

Nur eine von vielen Skulpturen im SnowVillage
Hier geht’s ins eines der eisigen Schlafzimmer
Ob man hier gut schläft

Als Besucher hat man die Möglichkeit, sich jedes Zimmer in Ruhe anzusehen, Übernachtungsgäste dürfen erst spät am Abend ihre Zimmer beziehen – Privatsphäre ist allerdings Fehlanzeige, hier gibt es keine Türen. Bleibt für Eishotelschläfer nur die Hoffnung, dass die anderen Bewohner auch in Eis nicht anfangen zu schnarchen. Außer der Matratze ist wirklich jedes einzelne Detail in den Zimmern aus Schnee und Eis – bis auf ein kleines weißes Teil an der Schneedecke. Feuermelder, sagt Reina. Ist Pflicht. Ist ja schließlich ein Hotel. Auch, wenn es aus Eis ist.

Text & Fotos Sibille Fuhrken KAPIDAENIN

Über den Autor

KAPIDAENIN

Schon seit ihrer Kindheit liebt Sibille den Norden und vor allem Dänemark. Nach einem Skandinavistikstudium (M.A.) arbeitete Sibille einige Zeit im Tourismusbereich in Dänemark. Zurück in Schleswig-Holstein betreute und leitete Sibille europäische Mobilitätsprojekte und Projekte mit Fokus auf den skandinavischen Arbeitsmarkt. Seit 2016 schreibt sie den Dänemark-Blog KAPIDAENIN und arbeitet als freie Übersetzerin.
Neben Dänemark haben es Sibille vor allem Finnland und Island angetan.

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