Wenn man mit Menschen aus der Gegend um die Gemeinden Kouvola und Mäntyharju über “ihren” Nationalpark spricht, möchte man am liebsten sofort hinfahren. Oder bleiben. Oder wiederkommen. Je nachdem. Sommers wie winters und am allerbesten auch dazwischen. Dann, wenn sich Jahreszeiten ablösen und das Bühnenbild aus Wäldern, Seen, Flüssen und Felsen den Rahmen bildet für neue Abenteuer, kleinere und größere.
Text: Andrea C. Bayer
Wandern, Radeln, Trailrunning, Kajakfahren, Fische fangen und im Winter mit Langlaufskiern oder Schneeschuhen an den Füßen auf Erkundungstour gehen – der Repovesi-Nationalpark ist ein typisch finnisches Paradies für Draußentage. Nur rund zweieinhalb Stunden Autofahrt von Helsinki entfernt liegt dieser ruhige Kontrast zur Metropolregion. Zugegeben: Ein bisschen lustig klingt das für deutsche Ohren schon, denn auch Helsinki samt Umland ist ja nun anders als das, was wir hierzulande so unter Metropolregionen verstehen…
Dennoch passt das mit dem Kontrast recht gut: „Diese Gegend hier ist sehr ländlich und wir haben Gäste aus New York, Tel Aviv und Berlin”, erzählt Ari Soikkeli, der zusammen mit Leila Jaskanen das „Paradies im Paradies” Linkkumylly betreibt. Ein Ort, der in den 1850er-Jahren als Mühlenanwesen erbaut wurde und schon seit Beginn des 20. Jahrhunderts Reisenden als Unterkunft dient. Tradition und Moderne, Landleben und Großstadtschnack, finnische Gastfreundschaft und Freude am Austausch mit Menschen, die mitunter ein völlig anderes Leben führen – das ist es, was Ari und Leila in ihrem Bed & Breakfast verbinden, schätzen, lieben. „All das, was wir anbieten, ist von dem bestimmt, was man hier in der Natur um uns herum erleben kann. Linkkumylly ist so etwas wie ein Zuhause für Leute, die die Natur erkunden wollen.” Was irgendwie klingt, wie es in Finnland nur klingen kann, ist für Ari und Leila so viel mehr. Es ist ein bewusst gewähltes Leben jenseits ihrer Vergangenheit in Helsinki, welche die Beiden 2015 gegen Linkkumylly getauscht haben. Rote Holz-Cottages mitten im Wald, das historische Saunahäuschen aus den 1890er-Jahren direkt am See und dazu die Option, jeden Tag neu zu entscheiden, ob man direkt ab Linkkumylly loswandert oder -radelt oder sich mit Kümmerer und Herbergsvater Ari auf eine Kajaktour begibt. Um dann, wenn man Lust hat, am Abend gemeinsam mit Ari und Leila frisch gekochtes Essen zu genießen und den Tag am Feuer ausklingen zu lassen…
Feuerstellen, Einsatzstellen für Paddler, buchbare Hütten – die Infrastruktur im Repovesi-Nationalpark ist vorbildlich. Das macht die Tourenplanung einfach, zu Wasser und zu Land. Insgesamt sind über 40 Kilometer Wanderwege ausgeschildert, auch kombinierte Kanu- und Wanderabenteuer werden angeboten. Auf ausgewiesenen Lagerplätzen kann man sein Zelt aufschlagen oder mit leichtem Gepäck losziehen und in Holzhütten unterschiedlicher Kategorien nächtigen. Zum Beispiel in Aris Lieblings-Shelter Matkoslampi. Der liegt auf der 33 Kilometer langen Wander- und Mountainbike-Route Mäntyharju-Repovesi und verwöhnt mit einer kleinen Sauna.
Um erst mal etwas reinzuschnuppern in den Nationalpark, ist der „Fox Trail” mit seinen vier Kilometern Länge eine gute Wahl. Der führt nicht nur durch den Wald, sondern auch über die Lapinsalmi-Hängebrücke und mit einer manuell zu bedienenden Seilfähre auf einer Art Floß über den See. Ein kurzweiliges Naturprogramm für Familien mit Kindern!
Wer gerne etwas weiter und doch auf einem Rundkurs gehen mag, erlebt auf den 26 Kilometern des Kaakkurinkierros, wie vielseitig Repovesi ist: Wasser und Wald, Weitblick vom Aussichtsturm und beeindruckende Felsformationen. Diese können zum Teil sogar erklommen werden: Über 90 Routen gibt es an dieser bei Kletterfreaks aus ganz Finnland beliebten und als Top-Spot bekannten Granitwand.
Besonders imposant wirken die Felsen vom Kajak oder Kanadier aus und neben der Wander- und Mountainbike-Strecke gibt es auch einen Wasserweg Mäntyharju-Repovesi. Dieser ist 50 Kilometer lang und führt an prähistorischen Felszeichnungen vorbei. In gut einem Meter Höhe über der Wasserlinie sind sie zu sehen – und zwar ausschließlich von Wasserseite!
Stille genießen im Wald. Die klare Morgenluft am See einatmen. Sich frei und zugleich sicher fühlen. Und dabei im tiefsten Inneren wahres Glück empfinden, weil man in dieser Landschaft so ganz bei sich ist. Immer wieder sind es diese Aspekte, die hier geborene und zugezogene Einheimische genauso nennen wie Gäste, wenn es darum geht, zu beschreiben, was dieses In-der-Natur-Sein gerade hier, im Repovesi-Nationalpark, ausmacht. Es ist Finnland, wie Finnland eben ist. Für das kleine Kurz-mal-Raus am Wochenende und für den entspannten Familienurlaub, unweit von Orten wie Kouvola und Mäntyharju.
Einer, der das Draußensein zu jeder Jahreszeit so richtig genießt und seine Leidenschaft für die Natur nicht nur zum Beruf gemacht hat, sondern zum Lebensinhalt, ist Tomi Zerhat. Er ist Angel-Guide und, wie er selbst sagt, „nahezu jeden Tag auf dem Wasser”. Warum? Ganz einfach: „Ein guter Angel-Guide ist immer auf dem Wasser.” Man muss Tomi weder lange noch gut kennen, um in seinen Augen zu sehen, wovon er spricht. Dann, wenn er mit Mütze, Kapuze und Rettungsweste auf seinem Boot steht und Zander, Meerforelle oder Hecht direkt nach dem Fang in die Kamera hält. Warum das erwähnenswert ist? Ebenfalls ganz einfach: „Wenn man angelt, hat man eine ganz direkte Verbindung zur Natur. Das ist etwas, das jeder, der nach Finnland reist, mindestens einmal erleben muss.” Also: Auf nach Finnland, auf in den Repovesi-Nationalpark!
Mehr über den Repovesi-Nationalpark und die Natur um Kouvola und Mäntyharju gibt’s in der NORDIS-Ausgabe 2/2021!
Informationen rund um den Repovesi-Nationalpark:
Der Repovesi-Nationalpark ist sowohl mit dem Auto wie mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut von Helsinki aus erreichbar. Er liegt rund 200 Kilometer nordöstlich der finnischen Hauptstadt.
Mit seinen gut beschilderten Routen unterschiedlicher Längen und Ansprüche lädt der Nationalpark gleichermaßen zu gemütlichen Spaziergängen wie mehrtägigen Wanderungen und Radtouren ein. Damit neben dem Respekt für die Natur auch das Miteinander im Draußen gut gelingt, fasst die sogenannte Outdoor-Etikette zusammen, was es beim Nationalpark-Besuch zu beachten gibt.
Geführte Touren gibt es zu Land und zu Wasser: Wandern, Kajakfahren, Radfahren, Angeln, Schneeschuhwandern, Langlaufen oder mit dem SUP übers Wasser gleiten – das Angebot ist vielfältig. Tipp: Repovesikeskus bietet sowohl Übernachtungen wie einzeln buchbare Aktivitäten und Materialverleih an.
Zur Stadterkundung geht es nach Kouvola. Weitere Ausflugsziele in der Region sind das Mustila Arboretum und die UNESCO-Weltkulturerbestätte Verla, eine Holz- und Kartonfabrik aus den 1870er-Jahren. Und wer die finnische Erholung schlechthin, das Saunieren, einmal in so richtig moderner Form genießen möchte, der besucht die Tyykkimäki Sauna. Mit Bad im See, kulinarischem Angebot und Aktivitäten wie Eisfischen und Frisbee-Golf.
Bilder, sofern nicht anders angegeben: © Visit Kouvola
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