Entdeckungen Norwegen

Januar auf den Lofoten

Reisebeginn: Mit dem Nachtzug und Bus Richtung Lofoten

Hurra, wir fahren auf die Lofoten! Nach vier Jahren ist es endlich wieder soweit. Es ist Mitte Januar. Wir testen die neu eingerichtete Nachtzugverbindung Berlin-Stockholm. Urteil: ganz OK. Die Waggons versprühen zwar den Charme der 90er und vor der WC-Tür bildet sich eine Mini-Schneewehe. Aber wir kommen pünktlich in Stockholm an. Der zweite Zug soll uns direkt von Stockholm nach Narvik bringen. Leider wird daraus nichts. Der staatliche Wetterdienst von Schweden schließt ganz im Norden Kälte um die -40 Grad nicht aus. Nichts für moderne schwedische Loks. Also wird zwischen Kiruna und Narvik eine Buslinie eingerichtet. Etwas unbequemer, aber auch in Narvik kommen wir pünktlich an.

Von dort aus geht’s per Bus nach Svolvær, von wo wir mit einem Mietwagen zu unserem Ferienhaus in Laukvik fahren. Der Ort ist toll gelegen, direkt am offenen Meer. Das Wetter in den ersten Tagen ist winterlich. Die Landschaft ist 20 bis 30 cm dick mit Schnee zugedeckt. Tagsüber wird es kaum wärmer als 5 Grad unter Null. Nordlandfahrerherz was willst du mehr.

Erkundungen und Nordlichter: Die Magie der Lofoten erleben

Wir machen einige Ausflüge, fahren nur wenige Kilometer mit dem Auto. Von dort aus wandern wir entlang der Küste oder ins Binnenland hinein. Immer wieder faszinierend bei Strandspaziergängen: der Boden ist steinhart gefroren, aber nur ein bis zwei Schritte in Richtung Wasser ist der Sand ein weicher feuchter Brei. Der Golfstrom ist eben eine gigantische Heizung. Noch sind die Tage sehr kurz. Die Farben am Himmel sind beeindruckend, mal rosa, mal violett, mal orange. Wir können uns nicht satt sehen. Wir bestaunen den Vollmond, der sich im Meer spiegelt. Wir entdecken einen Steinadler, auf einem Felsen am Meer sitzend. Die Entfernung schätzen wir auf kaum 200 m. Offenbar ist er Menschen gewöhnt, er rührt sich nicht vom Fleck.

Wir machen einen Ausflug nach Svolvær: Einkaufen, in ein Café einkehren. Am Abend meldet NRK – das staatliche norwegische Fernsehen – Neuigkeiten: ein Sturmtief zieht in Richtung Lofoten. Kein Problem – so etwas kennen wir. Schließlich sind wir nicht das erste Mal im Winter hier oben.

Allabendlich lauern wir auf Nordlicht. Bisher zeigt sich nur gelegentlich ein blasser grüner Schein am Horizont. Wir hoffen weiter. Die Voraussetzungen in Laukvik Nordlicht zu sehen und zu fotografieren sind eigentlich bestens. Hier gibt’s wenig Fremdlicht und einen freien Blick auf den Nordhimmel.

Sturmtage auf den Lofoten: Naturgewalten hautnah

Neue Wettermeldungen erreichen uns, der Sturm scheint doch ungewöhnlich heftig zu sein. Es werden bis 12 Windstärken erwartet. Also noch schnell ein paar Lebensmittel einkaufen im Tante-Emma-Laden von Laukvik. Obwohl…so schnell geht das nicht. Inzwischen taut es kräftig und die Dorfstraße ist eine Eisbahn mit 2 cm Wasser obendrauf. Selbst die Dorfbewohner haben ihre Mühe, trotz Sparks oder Spikes an den Schuhen.

Schließlich scheint es, als müssten wir volle drei Sturmtage abwettern. Und so kommt es auch. An Tag eins und Tag drei reicht es noch für einen kleinen Spaziergang. Wir gehen zur Mole von Laukvik, stemmen uns gegen die Windböen und fotografieren die immer beeindruckender werdenden Wellen. Das Blau des Meeres weicht immer öfter einer weißen Gischt. Die Luft ist gefüllt mit einem Nebel feinster Wassertröpfchen.

Am zweiten Tag verkneifen wir uns auch den kurzen Weg ans Meer. Es sind Sturm mit 34 bis 38 m/s angesagt, das ist deutlich jenseits der Schwelle zur Windstärke 12. Wir wollen nicht ausprobieren, ob wir dem auf der Mole standhalten können. Nun werden Brücken gesperrt und mit Ihnen auch Buslinien unterbrochen. Flughäfen schließen, Kinder haben schulfrei.

Eine der immerhin halbvollen Mülltonnen weht der Sturm mehrere Meter weit bis aufs Nachbargrundstück. Ein paar Stunden lang fällt der Strom aus, die Wärmepumpe im Haus macht Pause. Die nächste Nacht ist unruhig. Es ist kaum zu glauben, welchen Lärm es gibt, wenn ein Orkan um ein Haus tobt, was nur einen Steinwurf vom offenen Nordatlantik entfernt ist.

Rückreise und Rückblick: Ein unvergessliches Erlebnis

Langsam werden wir nervös: der Termin der Rückreise ist schon ganz nah. Schließlich haben wir Glück: die Brücken sind wieder freigegeben, unser Bus nach Narvik wird fahren. Tage nach unserer Abreise erfahren wir, dass es hätte ganz anders kommen können. Einen Tag nach unserem Aufbruch hieß es wieder „stengt“ (geschlossen), Sturm „Ingun“ erreichte Norwegen und wollte Sturm Nr. eins toppen. Und „Ingun“ schaffte das auch.

Wir kommen gut in Stockholm an. Von dort geht’s direkt mit dem Nachtzug nach Hause. Unser Urlaub war nicht ganz so, wie wir uns das vorgestellt haben. Auf alle Fälle war er sehr beeindruckend. Vier Jahre werden wir bis zur nächsten Lofoten-Reise ganz bestimmt nicht wieder vergehen lassen.

Alle Bilder @ Karsten Zeidler

Über den Autor

Karsten Zeidler

Ich bin Geograph und fotografiere sehr gerne, am liebsten in den Bereichen Landschaft und Natur. Ich mag einsame und schroffe Landschaften im beeindruckenden Licht. Kein Wunder, dass es mich seit Mitte der 90er Jahre regelmäßig in den Urlaub nach Skandinavien zieht. Seit 2012 ist der Winter meine bevorzugte Jahreszeit. Die Zeit zwischen den Urlauben verbringe ich besonders gerne mit dem Schreiben über meine Reisen und dem Präsentieren von Fotos.

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