Allgemein Island

Neuigkeiten vom Vulkan – Unterwegs am Fagradalsfjall

Alle guten Dinge sind drei …

Manch einer hat ja vielleicht wie ich eine Liste von Plätzen oder Ereignissen im Kopf, die er/sie noch gesehen haben will, wie in dem Film „Das Beste kommt zum Schluss“ mit Morgan Freeman und Jack Nicholson. Auch wenn ich nicht vorhabe allzu bald von der Weltbühne abzutreten, so stand das Erleben eines Vulkanausbruches für mich immer ganz weit oben auf meiner Globetrotter Liste. Drei Anläufe brauchte ich, um mir diesen Traum zu erfüllen. Beim ersten Anlauf war der Nebel so dicht, dass vom Vulkan nichts zu sehen war und als ich eine Woche später bei strahlendem Sonnenschein einen Rundflug über den Vulkan mache, hatte der Vulkan grade eine künstlerische Schaffenspause und rauchte friedlich vor sich hin. Nichtsdestotrotz ein unvergesslicher Anblick den riesigen Krater und die Lava gefluteten Täler von oben zu sehen.

Am nächsten Tag ging es mit dem Fahrrad durch Reykjavík nach Grindavik, schon von Weitem sah ich wieder die Wolke über dem Vulkan, fast habe ich das Gefühl, dass der Vulkan etwas mit mir „spielt“. Als ich am Abend in dem kleinen Fischerort ankomme, habe ich Glück noch einen Platz für mein Zelt zu bekommen, da der Campingplatz aufgrund der Coronabeschränkungen weniger Gäste aufnimmt. Die Wolken am Abendhimmel werden gespenstisch rot durch den Ausbruch erleuchtet und ich hoffe, dass der Vulkan auch am nächsten Tag so „munter“ ist.

Zwei Schritte vor, drei zurück – Mordor kommt näher

Am nächsten Tag geht es mit dem Fahrrad zum Ausgangspunkt, wenn Sie übrigens die 1.000,- ISK Parkgebühren sparen wollen, dann machen Sie es so wie ich und kommen mit dem Fahrrad. Die Parkplätze sind gut gefüllt und ich habe das Gefühl bei der Neueröffnung eines bekannten schwedischen Möbelhaus zu sein. An einem der Parkplätze steht sogar ein Imbiss, ich wundere mich nur, dass es noch keine „Lava Hotdogs“ gibt …

Ich habe mich für Wanderroute „C“ entschieden, da diese die besten Perspektiven auf den Krater verspricht. Nach anfangs recht flachem Verlauf, geht es später sehr steil auf rutschigem Stein und Geröll bergauf. Als Radfahrer habe ich keine Wanderschuhe dabei und zweckentfremde mein Fotostativ, um an den steilsten Stellen nicht ständig auf dem Hosenboden zu landen. Ich staune über den Leichtsinn einiger Wanderer, die ohne Jacken oder Getränke, mit Kind und Kegel den Berg hinaufgehen. Manche gehen weiter unten, alle Warnungen ignorierend, auf die oft nur oberflächlich erkalteten Lavaflächen, darunter fließt an einigen Stellen frische Lava mit einer Temperatur von über 1.000 Grad. Wer dort einbricht, kann kaum gerettet werden. Doch einige scheinen den Respekt vor der Natur vollkommen verloren zu haben.

Viele der Beobachtungspunkte, von denen man den Ausbruch anfangs aus allernächster Nähe im April und Mai bestaunen konnte, sind nun nicht mehr erreichbar, da die Lavaströme die dorthin führenden Wege abgeschnitten haben und der Krater immer größer wurde. Die meisten der bis zu sieben Spalten oder Krater sind nunmehr inaktiv.

Nach gut 90 Minuten und vielen Fotopausen bin ich endlich weit oben und staune über die weithin sichtbaren Lavafontänen, die man in den Himmel spritzen sieht. Die Aktivität des Vulkans erzeugt ein seltsames Geräusch, das klingt wie eine Mischung aus tiefem Grollen und einem Wasserfall und sich vermischt mit den Geräuschen der herumschwirrenden Helikopter und Drohnen. Der Vulkan ist mittlerweile übrigens eines der größten „Drohnengräber“, da die „Plastikadler“ oft verschmoren oder deren Orientierung durch den Vulkan gestört wird. Ich habe riesiges Glück, 15 Minuten nachdem ich meine (Nicht-Drohnen) Bilder gemacht habe, wird der Vulkan für die nächsten 12 Stunden wieder ruhig.

Unglaubliche Dimensionen

Bis jetzt hat der Vulkan über 110 Millionen Kubikmeter Lava ausgestoßen und stößt aktuell jede Sekunde schätzungsweise 10 – 11 Kubikmeter Magma aus, was ungefähr einem größeren PKW entsprechen würde. Die Lavafelder bedecken mittlerweile über 4,2 Quadratkilometer.

Ob der Vulkan irgendwann inaktiv wird oder die Eruptionen noch Monate anhalten, darüber spekuliert auch die Wissenschaft. Noch sind die Lavaströme weit genug entfernt von der Hauptstraße und den wichtigen im Erdreich vergrabenen Leitungen. Erst vor einigen Tagen entstand, nach meinem Besuch, ein weiterer aktiver Krater. Es bleibt aber spannend, da kein Ende der Eruption abzusehen ist, die Natur bestimmt weiterhin die Spielregeln und wir können staunend zuschauen! Also nutzen Sie die Chance: Wer weiß, ob man noch mal so eine Gelegenheit bekommt, einen aktiven Vulkan zu sehen!

Links und Infos

Der Ort Grindavik liegt nur ca. 8 km von den Parkplätzen an denen die Wanderwege beginnen, entfernt. In Grindavik gibt es einen guten Campingplatz, Hotels sowie Gästehäuser. Es gibt ab Grindavik keine öffentlichen Verkehrsmittel, man kommt aber mit geführten Touren von Reykjavík dorthin.

Webcam, Links und weitere interessante Videos zur Entwicklung: fireandiceland.com
Rundflüge über den Vulkan und andere Regionen: www.myflug.is/en  und www.circleair.is/en/flight-tours/volcano-flight-2021
Infos zu Wegen und Bedingungen: safetravel.is/eruption-in-reykjanes 
Ein weiterer Artikel zur Anfangsphase des Ausbruchs: www.skandinavien.de/vulkanausbruch-auf-reykjanes 

Der Vulkan gönnt sich eine Pause

Text: Reinhard Pantke
Bilder: © Reinhard Pantke und © Ingo Stein Nachtaufnahmen)

Schlagwörter

Über den Autor

NORDIS Redaktion

Das Team der NORDIS Redaktion liebt es in gleicher Weise, mehrmals im Jahr tolle Magazine zu produzieren, die Leser mit qualitativ hochwertigen Publikationen und spannenden Storys zu unterhalten als auch hier - im Online-Bereich der NORDIS - regelmäßig neue Informationen und Artikel zu veröffentlichen.

Kommentieren

Klick hier um zu kommentieren

Newsletter